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Übergangswohngemeinschaft 2. Teil

5 Therapietheorie

Die therapeutische Arbeit in der ÜWG dient dem Ziel, die Interaktionsfähigkeit des Klienten oder der Klientin mit sich und mit anderen in Bezug auf die Gegenwart und auf die Lebensgeschichte sowie die Fähigkeit zu Kontakt, Begegnung und Beziehung zu verbessern. In jeder innerhalb und außerhalb der Einrichtung gelebten Beziehung werden Störungen der Interaktionsfähigkeit deutlich und wird Intersubjektivität als heilsame Modellerfahrung möglich. Beziehungen weisen immer Ähnlichkeiten mit früheren Beziehungen aus der Lebensgeschichte auf. Typische frühere Beziehungserfahrungen verdichten sich innerhalb der therapeutischen Gemeinschaft. Der Verlauf der Therapie orientiert sich an der Bearbeitung dessen was ist (Diagnose, Wahrnehmen, Erkennen), was war (Erinnern, Wiedererleben, Bearbeiten) und was sein soll (Zielbildung, Neuorientierung). Die Entdeckung der Zusammenhänge von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft eröffnen dem Klienten oder der Klientin auf dem Weg aus der Abhängigkeit immer neue Blickwinkel, die ihm oder ihr dazu verhelfen, erstarrte Strukturen zu lockern und Blockierungen in Fluß zu bringen.

Therapie ist eine Folge von Krisen am Halteseil der therapeutischen Beziehungen und verläuft im Sinne eines synergetischen Selbstorganisationsprozesses zwischen Erschütterung und Konsolidierung. Die Arbeit in und an der Übertragung und in und an der Beziehung sowie die Arbeit mit dem Widerstand tragen ebenso wie das szenische Erleben von Vergangenem, das Erkennen von Strukturen, bislang unbekannte Qualitäten von Vertrauen, das Ausdrücken unbekannter Gefühle oder das Ausprobieren neuer Verhaltensweisen zu Erschütterungen der Persönlichkeitsstruktur und damit zu innerem und äußerem Wachstum bei. Erschütterungen, Störungen, Blockierungen und Widerstände sind wesentlicher Bestandteil des therapeutischen Prozesses. Sie sind, sofern sie erkannt und bearbeitet werden, Chance an der Schwelle zur Veränderung. Die Angst und der Widerstand des Klienten oder der Klientin bestimmt die Richtung und das Tempo des therapeutischen Prozesses. Hierbei ist es wichtig, Ängste zuzulassen, sie zu überwinden und zu bewältigen.

Der diagnostische und therapeutische Prozeß führt von der Wahrnehmung von Phänomenen über das Erfassen, hermeneutisches Verstehen und Erklären zu den Persönlichkeitsstrukturen. Verschiedene therapeutische Techniken und unterschiedliche Medien verdeutlichen und verstärken die Phänomene und ermöglichen das szenische Erleben von Vergangenem und damit Regression.

5.1 Grundlagen der therapeutischen Arbeit

Ziel jeder Therapie ist die Interaktion des Menschen mit seiner sozialen und ökologischen Umwelt zu verbessern und spontane kreative Potentiale freizusetzen. Die Fähigkeit des Menschen zu Wahrnehmungen, Ausdruck und Gestaltung und die Fähigkeit, Neues zu erproben soll dabei verbessert werden. Exzentrizität, sich selbst und seine oder ihre Umwelt in Vergangenheit und Gegenwart bewußt zu erleben, zu reflektieren und zu realisieren kann zumindest in der Phantasie, ohne den Gegenwartsbezug zu verlieren, durch die Entwicklung alternativer Entwürfe entwickelt werden. Regressive Fähigkeiten ermöglichen das emotionale Zurückgehen in frühere Szenen und Beziehungen und eröffnen damit die Chance einer emotionalen Neuerfahrung auf dem Hintergrund alter Szenen. Regression ermöglicht, indem heutige Befindlichkeiten mit vergangenen Szenen in Verbindung gebracht werden, das Verstehen aktueller Gefühle und Symptome. Diese Art des emotionalen Verstehens geht über das rein Kognitive hinaus.

Der Weg in ein drogenfreies Leben schließt die Bewußtseinsarbeit, die Sinnfindung und das emotionale Verstehen, die Nachsozialisation und die Bildung von Grundvertrauen, die Erlebnisaktivierung und die Persönlichkeitsentfaltung sowie Solidarität und Engagement ein.

5.1.1 Bewußtseinsarbeit

Der Klient oder die Klientin erlebt und versteht seine oder ihre Problematik, indem er oder sie deren Ursprünge wieder erlebt und Zusammenhänge zwischen den damaligen und heutigen Erfahrungen herstellt. Dabei muß er oder sie zeitweilig regredieren, alte belastende Szenen wiedererleben und mehr oder weniger stark involviert sein. Der Adressat des Affekts sollte mindestens symbolisch miterlebt und erreicht werden.

Die Katharsis ermöglicht eine emotionale Abfuhr. Die Fähigkeit zu Exzentrizität, zu einer positiven Persönlichkeitsspaltung in einen regredierenden Teil und einen Teil der im „Hier und Jetzt“ bleibt ermöglicht das Neugestalten eines vergangenen Dramas unter der Einbeziehung der heutigen Wahrnehmungs-, Ausdrucks- und Handlungsfähigkeit.

Durch das Begreifen und Verzeihen von früheren Verletzungen kann eine größere innere und äußere Ruhe hergestellt werden. Die vergangene, verletzende Beziehung wird dabei in gute Beziehungen innerhalb der therapeutischen Gemeinschaft eingebunden. Dies ermöglicht dem Klienten oder der Klientin die Integration der alten, schmerzhaften Szene, die nun nicht mehr verdrängt oder abgespalten werden muß. In der Reflexion des Erlebten aus größerer emotionaler Distanz heraus, kann diese Erfahrung weiter verstanden und vertieft werden.

5.1.2 Nachsozialisation

Durch die Erfahrung, wirklich, im Sinne von sich Anvertrauen und abhängig sein, in der Gemeinschaft regredieren zu dürfen, kann die Fähigkeit zu Vertrauen entwickelt werden.

Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin bietet Regression als ein zeitweiliges Beziehungsangebot an. Damit kann die Vergangenheit, die Lebens- und Entwicklungsgeschichte jedoch nicht verändert werden. Wohl aber die Schatten, die sie auf die heute möglichen Beziehungen werfen. In der therapeutischen „als-ob-Beziehung“ übernimmt der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin die Funktion des guten und fördernden Elternteils. Durch die Konfrontation mit Übertragungsdeutungen kann eine klare Sicht auf die Realität und auf die Selbstverantwortung eröffnet werden.

5.1.3 Erlebnisaktivierung

Die Erlebnisaktivierung und Persönlichkeitsentfaltung kann über die Aktivierung von kreativen Fähigkeiten, die Förderung des Ausdrucksvermögens und der praktischen Interaktionsfähigkeit im Sinne einer Gegenstrategie zu einer Verarmung der Lebenswelt erreicht werden. Das Selbsterleben innerhalb des sozialen Umfeldes wird neben einer lebendigen Körperlichkeit gefördert. Dabei sind die vielfältigen Beziehungen in der ÜWG stützend und fördernd und ermöglichen ein Wachstum aus der Verarmung heraus. Erlebnisaktivierende Aktivitäten regen darüber hinaus zur Persönlichkeitsentfaltung an.

5.1.4 Solidaritätserfahrung

Durch die Erfahrung von Solidarität, Mitmenschlichkeit, Mitgefühl und dem gemeinsamen Handeln und Arbeiten im Alltag der ÜWG kann ein soziales Netzwerk aufgebaut werden. Überindividuell sinnvolle Arbeitsprojekte verringern das Gefühl der Gesellschaftlichen und der persönlichen Entfremdung.

5.2 Therapeutische Gemeinschaft

Die Häuser und Gruppen der ÜWG sind nach dem Prinzip der therapeutischen Gemeinschaft organisiert. Acht Wohn- und Lebensgemeinschaften, in denen sich die Klienten und Klientinnen weitgehend selbst verwalten und versorgen, stellen einen Rahmen dar, in dem ein geborgenes, partnerschaftliches und ehrliches Miteinander entstehen kann und alternative Erfahrungen gemacht werden können.

Grundlage der Arbeit in den therapeutischen Gemeinschaften ist das Wechselspiel zwischen der Innengruppe (Klienten und Klientinnen) und der Außengruppe (Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen) sowie zwischen dem Leben in der Gruppe und dem Leben in dem „auf sich selbst zurückgeworfen sein“. Aus der Dynamik zwischen Innen- und Außengruppe entsteht das durch Klarheit, Offenheit und Ehrlichkeit in den sozialen Beziehungen gekennzeichnete therapeutische Milieu.

Das therapeutische Milieu wird durch das gemeinsame Wertesystem und durch das Spannungsfeld, welches durch ständige Herausforderungen einerseits und einer wärmenden Geborgenheit andererseits entsteht, wirksam.

Die therapeutische Gemeinschaft gibt neuen Klienten und Klientinnen ein überschaubares soziales Feld vor, in dem klare Regeln eingehalten werden müssen, Vertrauen entstehen kann und Nachsozialisation möglich ist. Das Einhalten bestehender Normen und Regeln, die Förderung von Eigeninitiative, das Angebot zur Selbsthilfe und die gemeinsame Bewältigung des Hausalltags schaffen Reibungspunkte und Konflikte, die aufgearbeitet werden können. Die Auseinandersetzung mit sich selbst und der eigenen Wertestruktur ermöglicht in einer angstreduzierten Umgebung das ehrliche Angehen und Überwinden von Defiziten. Sinnfindung kann in Abgrenzung zu der benutzten Droge erlebt werden. Die inneren und äußeren Konflikte werden in der Einzel- oder Gruppenarbeit thematisiert und durchgearbeitet. Erfahrungen von anderen Klienten oder Klientinnen fließen dabei im Sinne einer Vorbildfunktion mit ein. Daran anknüpfend werden wiederum Ansätze zur Selbsthilfe gefördert.

Im Wechselspiel zwischen Geborgenheit und Herausforderung identifiziert sich der Abhängige mit den Werten und Normen der Gruppe. In der ständigen Auseinandersetzung mit diesem Wertesystem verändern sich Einstellungen und Haltungen.

In der Interaktion mit anderen Klienten und Klientinnen wiederholen und rekonstituieren sich traumatische Situationen (Übertragung) aus der Biographie, die mit Hilfe der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen neu erlebt und bewältigt werden können. Trauerarbeit über die ursprüngliche Situation wird möglich.

Die therapeutische Gemeinschaft ermöglicht den Erwerb von Einstellungen, Werthaltungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine selbstverantwortliche und unabhängige Begegnung und Auseinandersetzung mit der eigenen Wirklichkeit und der persönlichen Biographie. Eigenverantwortung auf der Grundlage einer veränderten, nachgereiften, sich selbst stabilisierenden und weiterentwickelnden Persönlichkeit stärkt die Selbsterhaltungs- und Selbstentwicklungskräfte.

5.3 Therapeutische Beziehung

Die therapeutische Beziehung ist Rahmen, Basis und Medium des therapeutischen Entwicklungsprozesses. Beziehungsarbeit bedeutet ein aufeinander Einlassen und sich auseinander setzen. Dabei wechselt der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin zwischen Involvierung (Betroffenheit), Zentrierung (bei sich selbst sein) und Exzentrizität (den Blickwinkel erweitern, Überblick gewinnen). Partielles Engagement beschreibt in diesem Zusammenhang die Flexibilität in der therapeutischen Beziehung. Für die Entwicklung von heilsamer Interaktion und von Intersubjektivität ist es wichtig den Klienten oder die Klientin da abzuholen, wo er oder sie steht und den Therapieerwartungen zu entsprechen ohne eigene Einstellungen und Überzeugungen aufzugeben.

Der Entschluß, einige Monate in der ÜWG leben zu wollen, setzt einen Vertrauensvorschuß an die Mitarbeiter und die Mitarbeiterinnen voraus. Der Klient oder die Klientin wird anfangs seine oder ihre Strategien und Strukturen für „unsichere Lebenslagen“ anwenden. Dabei muß das Stützsystem des Klienten oder der Klientin erhalten bleiben. Klarheit, Eindeutigkeit und Intersubjektivität ist in der Beziehung zum Klienten oder zur Klientin enorm wichtig. Daher muß alles was gesagt wird echt sein, aber nicht alles was echt ist muß gesagt werden. Dieses Prinzip der selektiven Offenheit oder der selektiven Authentizität ist wie das partielle Engagement besonders wichtig. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin ist in einer Expertenrolle und verfügt über Modelle zum Verständnis von Beziehungen und therapeutischen Entwicklungen. Er oder sie sollte in seinem oder ihremn Handeln möglichst einen Schritt hinter dem Klienten oder der Klientin bleiben, damit Vorstellungen, Szenen oder Gefühle, ohne eine Störung durch Deutungen, prägnant werden. Die Wünsche des Klienten oder der Klientin nach Sicherheit und Anleitung sollen, ohne eine dauerhafte Festlegung auf eine einseitige Rollenbeziehung, erfüllt werden. Dabei kann Freiheit und Selbstverwirklichung in einer zuverlässigen Beziehung sowie die Konfrontation mit den eigenen Schwächen, der Scham, der Hilflosigkeit und der destruktiven Wut gefördert werden.

In der Beziehung und am Modell des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin kann der Klient oder die Klientin Integrationsfähigkeit entwickeln und lernen, sich selbst zu vertrauen und zu akzeptieren. Er oder sie wird im Laufe des Aufenthalts in der ÜWG unabhängiger, kann leichter auf andere zugehen, seine oder ihre Angst vor Zurückweisung vermindern und an Ich-Stärke gewinnen.

5.3.1 Übertragung

In jeder Beziehung werden neue und aktuelle Anteile aber auch alte und bereits vergangene Erinnerungen erlebt und gelebt. Übertragung ist dabei die unbewußte Vergegenwärtigung alter Atmosphären und Szenen, so daß die Gegenwart verstellt wird und die Realität der anderen nicht gesehen werden kann. In einer Übertragung reproduzieren sich vergangene Beziehungsmuster. Übertragung und Beziehung stehen in der therapeutischen Gemeinschaft in einem dauernden Spannungsverhältnis. Übertragungsbeziehungen und die motivationalen Quellen können durch die Arbeit an der Beziehung, an der Übertragung, in der Übertragung und in der Beziehung zugunsten einer unverstellten Beziehung aufgelöst werden.

    nDie Arbeit an der Beziehung meint die Metakommunikation über die in der ÜWG gelebten Beziehungen. Der Therapieprozeß geschieht zwischen den Beteiligten in der jetzigen Situation.

    nDie Arbeit an der Übertragung ist ebenfalls ein metakommunikativer Prozeß, beschäftigt sich mit gegenwärtigen Beziehungen und deren Trübung durch frühere. Er dient der Auflösung der Übertragung. Der Klient oder die Klientin vermutet oder erkennt dabei eine frühere Szene oder andere Person. Alte Beziehungskonstellationen können sich mit gleichen oder umgekehrten Vorzeichen in der therapeutischen Gemeinschaft wiederholen. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin kann Gegenübertragungsreaktionen nutzen und die Übertragungsmuster direkt ansprechen. Er oder sie muß aber ebenso wie andere Klienten oder Klientinnen für wahre Kritik offen bleiben.

    nBei der Arbeit in der Übertragung ist die therapeutische Beziehung stärker durch die Rolle des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin bestimmt. Er oder sie verhält sich adäquat zu den Rollenerwartungen des Klienten oder der Klientin und versucht die Bedürfnisse emphatisch nachzuvollziehen. Durch Spiegelung, Beruhigung, Trost, Berührungen, Klarheit, Eindeutigkeit und klare Grenzen werden Defizite oder negative Erwartungen kompensiert.

    nDie Arbeit innerhalb einer guten, tragfähigen Beziehung setzt die Belastungsfähigkeit und Übertragungsarmut der therapeutischen Beziehung voraus. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin wird als eigene Persönlichkeit gesehen und angesprochen. Frühere oder aktuelle Beziehungssituationen können von dem Klienten oder der Klientin erinnert und durchgearbeitet werden.

5.3.2 Gegenübertragung

Unter Gegenübertragung verstehen wir eine bewußtseinsfähige Resonanz und eine emphatische Reaktion des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin auf das, was der Klient oder die Klientin tut oder sagt.

In der konkordanten Gegenübertragungen fühlt der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin emphatisch mit. In der komplementären Gegenübertragung fühlt sich der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin wie der damalige Beziehungspartner oder die damalige Beziehungspartnerin des Klienten oder der Klientin. In der reziproken Gegenübertragung fühlt sich der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin so behandelt, als ob er oder sie in einer früheren Rolle des Klienten oder der Klientin sei. Der Klient oder die Klientin übernimmt dabei eine Komplementärrolle.

Gegenübertragung ergibt sich als Rolle- und Komplementärrolle aus dem szenischen Charakter des Verhaltens und des Erlebens. Erst wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin die Szenen versteht, kann er oder sie sich aus dieser Rolle befreien.

5.3.3 Übertragung des Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin

Die Übertragung des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin ist eine unbewußte, in der Eigenproblematik des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin begründete, notorische Übertragung. Sie behindert den therapeutischen Prozeß und verhindert intersubjektive Beziehungen. Ein hohes Maß an Selbstkontrolle und ethischer Verantwortlichkeit ist ebenso notwendig, wie die kontinuierliche solidarisch-kritische Zusammenarbeit im Team und in der Supervision, damit Übertragungen des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin bewußt werden und aufgelöst werden können.

5.3.4 Widerstand

Widerstand ist die positive Fähigkeit, sich gegen Einflüsse auf das Selbst und die Identität zur Wehr zu setzen und sich zu schützen. Er dient der Abwehr von Angst und von schmerzlichem Erleben. Pathologisch ist Widerstand, wenn er starr und rigide ist, keine Offenheit für Veränderungen zuläßt und in eingefahrene Abwehrstrategien mündet. Widerstand als Schutz innerhalb der Person wird als intrapersoneller, Widerstand als Schutz in der Beziehung zu anderen wird als interpersoneller Widerstand bezeichnet.

Widerstand läßt sich nur durch Sicherheit auflösen. Voraussetzung dafür ist das Akzeptieren und das Verstehen des Widerstands. Ihn frontal anzugehen ist in aller Regel nicht günstig, weil er sich dadurch häufig verstärkt. Vielmehr ist es sinnvoll, den Widerstand abzuschmelzen bzw. vor dem Widerstand zu arbeiten. Dabei wird der Klient oder die Klientin in gangbaren Schritten in Einzel- oder Gruppengesprächen an ein angstbesetztes Gebiet herangeführt und werden schwierige Themen oder Gefühle in kleinen Portionen nahe gebracht.

5.3.5 Körperlichkeit

Therapie muß leibliche Beziehungsformen integrieren, da alle früheren fundamentalen Beziehungen und Schädigungen leiblich sind, und ansonsten neue Abspaltungen oder Beziehungslosigkeit entsteht. Körperliche Kontakte ergeben sich im Rahmen körpertherapeutischer Interventionen oder direkt aus der Beziehung zwischen Mitarbeiter oder Mitarbeiterin und Klient oder Klientin heraus.

Die spontane menschliche Geste aus affektiver Betroffenheit von Seiten des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin ist nur dann stimmig, wenn und soweit diese Nähe der Beziehung zwischen Klient oder Klientin und Mitarbeiter oder Mitarbeiterin entspricht, wenn sie von beiden gewollt wird und wenn sie notwendige Grenzen nicht überschreitet.

5.3.6 Harmonie und Konflikt

Heilsame therapeutische Beziehungen entwickeln sich über die Konsonanz zwischen Klient, Klientin, Mitarbeiter oder Mitarbeiterin. Dabei ist die Unterstützung, das Verständnis, das Mitgefühl des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin ebenso relevant wie das Erkennen und Annehmen auf Seiten des Klienten oder der Klientin.

Aufbauend auf der Konsonanzerfahrung kann die Erfahrung von Dissonanz durch Konfrontation oder Konflikte zu einer bedeutsamen Erfahrung werden. Daraus kann die Fähigkeit des Klienten oder der Klientin, sich selbst zu verstehen, Mitgefühl für sich selbst zu entwickeln und zu akzeptieren, wachsen. Die Erfahrung, das Dissonanzen die Beziehung nicht stören, ermöglicht es dem Klienten oder der Klientin, eigene Dissonanzen innerhalb der Persönlichkeit auszuhalten und zu integrieren.

6 Therapeutische Themen

In jedem Projektteil der ÜWG werden die Themen „Stabilisierung der Therapiemotivation und der Drogenfreiheit“, „Diagnose und Indikationsstellung“ und „Realisierung der entwickelten Perspektiven“ in unterschiedlicher Gewichtung und Qualität berücksichtigt. Eine klare Zuordnung einzelner Themen auf einen Teil der Einrichtung ist weder sinnvoll noch möglich.

6.1 Stabilisierung der Therapiemotivation und der Drogenfreiheit

Die Stabilisierung der Therapiemotivation und die damit einhergehende Vermeidung von Abbrüchen oder Rückfällen kann nur gelingen, wenn am Anfang des Aufenthalts in der ÜWG Beziehungs- und Konfliktfähigkeit erworben sowie Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl, Frustrationstoleranz und Eigenverantwortung entwickelt werden kann.

Oftmals können hierbei vorhandene Ressourcen aus der Lebensgeschichte oder Erfahrungen aus früheren Therapien genutzt werden. Anderenfalls kann der Klienten oder die Klientin in einer der beiden Erlebnisgemeinschaften gezielt an der Identitäts- und Persönlichkeitsnachbildung arbeiten. Letztlich bestimmen diese Themen jedoch immer wieder die zwischenmenschliche und therapeutische Auseinandersetzung in allen Teilen der ÜWG.

6.2 Diagnose und Indikationsstellung

Die Individualisierung der Drogenhilfe und deren Angebote ist in den letzten Jahren oft diskutiert worden. Im Laufe der Zeit hat sich eine Vielzahl von differenzierten Hilfsangeboten etabliert. Heute kann bei der Indikationsstellung nicht mehr lediglich zwischen ambulanter Betreuung und stationärer Langzeittherapie gewählt werden, zahlreiche ambulante, teilstationäre und stationäre Betreuungs- und Behandlungsformen bieten sich an.

Hintergrund dieser Individualisierung ist die Annahme, daß bei Drogenabhängigen keine gemeinsame Grundstörung festzustellen ist. Dies führte zu einer differenzierten Betrachtungsweise der Symptomatik von Drogenabhängigen. Die Professionalisierung der Drogenhilfe brachte die Expansion und die Profilierung der therapeutischen Einrichtungen mit sich. Öffentliche Modellprojekte konnten die Differenzierung des Angebots weiter verstärken.

Die Differenziertheit der therapeutischen Angebote ist als Voraussetzung für deren Individualisierung anzusehen. Erwartet werden neben einer Kostensenkung vor allem bessere Behandlungsergebnisse und weniger unerwünschte Nebenwirkungen (Hospitalisierung, einrichtungsbezogene Abhängigkeiten etc.) im Sinne der therapeutischen Wirksamkeit.

Um diese Erwartungen erfüllen zu können, müssen individuelle Klienten- und Klientinnenmerkmale, die für den späteren Therapieerfolg relevant sind, erkannt werden. Zum anderen müssen sich therapeutische Maßnahmen und Angebote, in für den Therapieerfolg maßgeblichen Punkten, unterscheiden. Darüberhinaus sind Indikationskriterien unerläßlich, die eine optimale Verknüpfung von bestimmten Klienten-, Klientinnen- und Therapiemerkmalen erlauben. Letztlich sind die Diagnostik, die Differenzierung der Angebote und die Indikationsstellung Schlüssel zur effektiven Nutzung der Drogenhilfe.

Der auf der Seite der Klienten und Klientinnen der ÜWG erlebte Orientierungsprozeß wird durch die Indikationsstellung von Seiten der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen begleitet und mündet in die gemeinsame Entscheidungsfindung über die Form der Betreuung in der Übergangswohngemeinschaft für Drogenabhängige und ggf. über eine adäquate weiterführende Therapie.

Die Symptomatik der individuellen Abhängigkeit läßt sich anhand der betroffenen Lebensbereiche und Erlebensmodalitäten sowie der Intensität und Veränderungsbereitschaft (Motivation) differenzieren. Darüber hinaus sind frühere Abstinenzversuche und Rückfälle, die Kompetenz und Bereitschaft zur aktiven Krankheits- und Problembewältigung, die aktive Suche nach Hilfe und Unterstützung, die Veränderungsbereitschaft und persönlichen Zielsetzungen sowie die Unterstützung oder Behinderung durch die persönliche Umwelt bei der individuellen Diagnostik von Bedeutung. Eine genaue Analyse der persönlichen Bedingungen bei jedem und jeder Einzelnen kann anfängliche Überforderungen und die damit mögliche Ablehnung des Angebots oder dessen Abbruch vermeiden.

Dabei interessiert besonders, inwieweit wichtige Ich-Funktionen, wie Realitätsprüfung, Affekt- und Impulskontrolle, Frustrationstoleranz, Realitätssinn und Bewältigungskompetenzen noch intakt sind, da diese die Grundlage des gemeinsamen Arbeitsbündnisses bilden. Das Ausmaß der Schädigung des Selbstwertgefühls gibt Aufschlüsse über die Kränkbarkeit und Schamanfälligkeit, die Selbstschädigung gibt Informationen über die Struktur des Über-Ichs und der Schuldgefühlsspannung in der Abstinenz. Die spezifische Abwehr zeigt das Organisationsniveau des Klienten oder der Klientin und auch die Stellen, wo besonders behutsam vorgegangen werden muß.

Die Möglichkeit oder das Angebot der Orientierung und Entscheidungsfindung wird durch die Diagnose und Indikationsstellung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ergänzt und tritt so in eine dialektische Auseinandersetzung über die adäquate Therapieform ein.

6.2.1 Diagnostik

Diagnostik bedeutet das Erkennen, Benennen, Zuordnen und Erklären der Probleme und Stärken der Klienten und Klientinnen. Dabei ordnet der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin wahrgenommene Phänomene in ein Ordnungssystem und entwirft zusammen mit dem Klienten oder der Klientin therapeutische Handlungsstrategien im Sinne eines systematischen theoriegeleiteten Erkenntnisprozesses. Diagnostik hat dabei die Funktion, eine allgemeine Orientierung über die biographische Entwicklung, Suchtgenese und derzeitige Lebenssituation zu ermöglichen sowie Indikationen abzuklären und konkrete Behandlungsschritte und zusätzliche Hilfsangebote zu planen. Darüberhinaus dient sie der Eruierung des individuellen Erwartungshintergrundes, möglicher Widerstände und Kooperationsangebote.

Der diagnostische Prozeß ist ein Wechselspiel von Involvierung (beteiligt sein am Gespräch und an der Interaktion), Zentrierung (bei sich selbst sein) und Exzentrizität (beobachten und erklären). Er konkretisiert sich in der ÜWG in einen Bereich der symptombezogenen Diagnose und einen Bereich der prozessualen Diagnostik. Beide Blickwinkel sind eng miteinander verzahnt, der eine ist ohne den anderen nicht vorstellbar.

6.2.1.1 Multiaxiale Symptom-Diagnostik

Das diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen stellt diagnostische Kriterien und klare Beschreibungen diagnostischer Kategorien zur Verbesserung der Zuverlässigkeit diagnostischer Urteile bereit. Damit kann das Vorhandensein oder Fehlen spezifischer Symptome festgestellt und dies als Kriterium für die Diagnosestellung verwendet werden .

Der Gebrauch dieses Manuals setzt die multiaxiale Beurteilung jedes Einzelfalls voraus. Dabei werden unterschiedliche Informationen über einen Klienten auf fünf Achsen dargestellt und somit sichergestellt, daß allen wesentlichen Aspekten bei der Beurteilung gleiche Aufmerksamkeit gewidmet wird.

Mehrfachdiagnosen können, um den gegenwärtigen Zustand zu beschreiben, gestellt werden. Dabei gilt diejenige als Hauptdiagnose (Vermerk), die Anlaß zur Aufnahme war. Diagnostische Unsicherheiten können durch den Zusatz (vorläufig), der Grad der diagnostischen Sicherheit kann durch verschiedene Optionen gekennzeichnet werden.

Die derzeitige Schwere jeder einzelnen Störung kann nach der Diagnosestellung unter Verwendung der Begriffe leicht, mittel, schwer, partiell remittiert, Residualzustand oder voll remittiert bestimmt werden. Die Beurteilung bezieht sich dabei auf jede aus der Störung resultierenden Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit und der gewohnten sozialen Aktivitäten oder Beziehungen.

6.2.1.1.1 Achse I; Psychische Störung

Die Achse I stellt die Klassifikation der psychischen Störung sowie die klinischen Syndrome und Störungen dar.

Da unseres Erachtens das ICD-10 Kapitel V Störungen durch psychotrope Substanzen differenzierter beschreibt und somit eine genauere Diagnose ermöglicht, werden für die Diagnose einer Störung durch psychotrope Substanzen die klinischen Charakteristikas und diagnostische Leitlinien der internationalen Klassifikation psychischer Störungen verwendet. Der diagnostische Überbau wird aus den diagnostischen Kategorien des DSM-III-R abgeleitet. Gleiches gilt für weitere Haupt-, Neben- bzw. Zusatzdiagnosen.

In den letzten drei Jahrzehnten bemühte sich die Abteilung für psychische Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) um die Verbesserung der Diagnostik und der Klassifikation psychischer Störungen. Die jetzt vorliegende veröffentlichte Version der klinisch-diagnostischen Leitlinien stellt einen großen diesbezüglichen Fortschritt dar. Mit ihr ist die Hoffnung verbunden, daß eine international verwendete Klassifikation und Sprache die Behandlung von Personen mit psychischen Störungen oder Drogenproblemen verbessert.

Der Begriff Störung wird in der gesamten Klassifikation verwendet, um den problematischen Gebrauch von Ausdrücken wie Krankheit oder Erkrankung weitgehend zu vermeiden. Störung ist kein exakter Begriff; seine Verwendung soll einen klinisch erkennbaren Komplex von Symp-tomen oder Verhaltensauffälligkeiten anzeigen, der immer auf der individuellen und oft auch auf der Gruppen- oder sozialen Ebene mit Belastungen und mit Beeinträchtigungen von Funktionen verbunden ist.

Für jede Störung werden wesentliche klinische Charakteristikas beschrieben. Die diagnostischen Leitlinien geben dann die Anzahl und die Gewichtung der Symptome an, die zur Stellung einer sicheren Diagnose erforderlich sind. Falls die in den diagnostischen Leitlinien beschriebenen Voraussetzungen vollständig erfüllt sind, kann die Diagnose als sicher betrachtet werden. Sofern die Voraussetzungen nur teilweise erfüllt sind, die noch fehlenden Informationen aber wahrscheinlich ergänzt werden können, kann der Begriff „vorläufig“, für den Fall, daß weitere Informationen nicht eingeholt werden können, der Begriff „Verdacht auf“ verwendet werden.

Die Klassifikation einer Störung erfolgt durch einen fünfstelligen Kode. Die erste Stelle beschreibt das entsprechende Kapitel im ICD-10, die zweite die übergeordnete Kategorie und die weiteren eine konkrete Störung und deren Differenzierung. Um eine Diagnose nach Kapitel V (F) der ICD-10 zu verschlüsseln, soll sowohl die Kodenummer, als auch die ausgeschriebene Diagnose notiert werden.

Die Einteilung des Abschnittes über psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen unterscheidet sich von den anderen dadurch, daß die betreffende psychotrope Substanz mit der dritten und die Störung selbst mit der vierten und fünften Stelle gekennzeichnet wird.

Die Beschreibung eines klinischen Bildes erfordert häufig die Verschlüsselung mehrere Diagnosen, wobei zwischen einer Haupt- und Neben- bzw. Zusatzdiagnose unterschieden wird. Priorität sollte die Diagnose erhalten, der die größte aktuelle Bedeutung zukommt und häufig zum Kontakt mit der betreffenden Insititution und damit zur ambulanten, teilstationären oder stationären Behandlung geführt hat.

Unter dem Oberbegriff Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen sind verschiedene Störungen beschrieben, deren Schweregrad von einer unkomplizierten Intoxikation und schädlichen Gebrauch bis zu einem Abhängigkeitssyndrom mit ständigem Substanzgebrauch reicht.

Die Identifikation der verwendeten psychotropen Substanzen, die durch die dritte Stelle der Kodierung gekennzeichnet wird, beruht meist auf Angaben des Klienten, sollte aber wenn möglich aus mehreren Quellen Bestätigung finden.

Viele Konsumenten nehmen mehrere Substanzen zu sich, die Diagnose sollte sich dennoch auf den wichtigsten Stoff beziehen. Gegebenenfalls können mehrere gleichlautenden Diagnosen in Bezug auf unterschiedliche Stoffgruppen gestellt werden. Nur wenn die Substanzaufnahme chaotisch und wahllos verläuft, oder wenn Bestandteile verschiedener Substanzen untrennbar vermischt sind, ist die Kodierung F19 (multipler Substanzgebrauch) zu wählen.

6.2.1.1.2 Achse II; Entwicklungs- und Persönlichkeitsstörungen

Auf Achse II werden Entwicklungs- und Persönlichkeitsstörungen aufgeführt und können spezifische Persönlichkeitszüge oder bestimmte Abwehrmechanismen vermerkt werden.

Adäquate Hilfsangebote für DrogengebraucherInnen zu erschließen (Indikationsstellung), setzt die genaue Diagnose der vorhandenen Störung voraus. Viele KlientInnen leiden nicht nur an einer Abhängigkeitsproblematik sondern darüberhinaus an einer Persönlichkeitsstörung. Die Beschreibung dieses Grenzbereichs ist besonders schwierig. Für die Praxis sind daher die hier vorgestellten klinischen Standards und diagnostische Leitlinien besonders relevant.

Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung beschreibt meist lang anhaltende Zustandsbilder und Verhaltensmuster, die Ausdruck des charakteristischen, individuellen Lebensstils sowie des Verhältnisses zur eigenen Person und zu anderen Menschen sind und mehrere Bereiche der Persönlichkeit betrifft. Dabei kann, gegenüber der Mehrheit der jeweiligen Bevölkerung, eine deutliche Abweichung im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in Beziehungen zu anderen in Form anhaltend starrer und tief verwurzelter Verhaltensmuster, die mit persönlichen und sozialen Beeinträchtigungen einhergehen, festgestellt werden.

Die Zustandsbilder werden nach den vorherrschenden Verhaltensweisen klassifiziert und sind nicht direkt auf Hirnschädigungen oder -krankheiten oder auf eine andere psychiatrische Störung zurückzuführen.

Das abnorme Verhaltensmuster ist tiefgreifend und andauernd, nicht auf Episoden psychischer Störungen begrenzt, in vielen persönlichen und sozialen Situationen eindeutig unpassend und durch deutliche Unausgeglichenheit in den Einstellungen und im Verhalten in mehreren Funktionsbereichen wie Affektivität, Antrieb, Impulskontrolle, Wahrnehmen und Denken sowie in den Beziehungen zu anderen gekennzeichnet.

Die Störung beginnt in der Kindheit oder in der Jugend und manifestiert sich auf Dauer im Erwachsenenalter. Sie führt, manchmal erst im späteren Verlauf, zu deutlichem subjektiven Leiden und ist meistens mit deutlichen Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit, der sozialen Anpassung und mit anderen subjektiven Beschwerden verbunden.

6.2.1.1.3 Achse III; Körperliche Störungen

Alle bestehenden körperlichen Störungen, die für das Verständnis und die Betreuung bzw. Behandlung des Klienten wichtig sind, können auf Achse III beschrieben werden. Häufig sind hier Infektionskrankheiten, Abszesse und Entzugssymptome aber auch ätiologisch relevante Befunde von einem Internisten vor Ort aufzuzeichnen.

6.2.1.1.4 Achse IV; Psychosoziale Belastungsfaktoren

Der Schweregrad eines oder mehrerer psychosozialer Belastungsfaktoren, die im Jahr vor der Beurteilung zum Ausbruch einer neuen, zum Wiederauftreten einer früheren oder zur Verschlimmerung einer bereits bestehenden psychischen Störung beigetragen haben, können anhand einer Ratingskala auf Achse IV dargestellt werden.

Die spezifischen Belastungsfaktoren werden nach aktuellen Ereignissen und länger andauernden Umständen bzw. Lebensbedingungen spezifiziert und in der Reihenfolge ihrer Bedeutung. Die Schweregradbeurteilung sollte sich an dem Ausmaß der Belastung einer Normalperson, nicht aber an der individuellen Vulnerabilität, orientieren.

Dabei kann auf relevante Typen von psychosozialen Belastungsfaktoren wie Partnerbeziehungen, elterliche Beziehungen, andere zwischenmenschliche Probleme, berufliche Aspekte, allgemeine Lebensumstände, Finanzen, rechtliche Aspekte, körperliche Krankheiten oder Unfälle und den Entwicklungsverlauf Bezug genommen werden.

6.2.1.1.5 Achse V; Psychosoziales Funktionsniveau

Die Achse V erlaubt, über die Einschätzung des psychosozialen Funktionsniveaus bzw. der sozialen Anpassung, eine Gesamtbeurteilung der psychischen Gesundheit. Dabei findet die Global Assessment of Functioning Scale Anwendung. Die Beurteilung des derzeitigen Funktionsniveaus gibt über den Behandlungs- bzw. Betreuungsbedarf, des höchsten Niveaus der psychosozialen Anpassung im letzten Jahr über die Prognose hinsichtlich des zu erreichenden Niveaus nach der Remission Aufschluß.

6.2.1.2 Prozessuale Diagnostik

Die prozessuale Verhaltensdiagnostik begleitet den gesamten Therapieprozeß und beteiligt den Klienten oder die Klientin und den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin an sich. Am Anfang und in kritischen Phasen ist sie intensiver und systematischer als im weiteren Verlauf des Aufenthalts in der ÜWG.

Wesentlichste Grundlagen ist das Verstehen und die Entwicklung von Erkenntnis durch phänomenologische Analyse im hermeneutisch deutenden Kontext. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin muß die Ursachen- und Entwicklungsgeschichte des Symptoms zu verstehen suchen, um es einordnen zu können. Von der Wahrnehmung von Phänomenen gelangen wir über das Erfassen und Verstehen ihres Sinns und ihrer Entstehungsgeschichte zu den Strukturen der Persönlichkeit. Dabei stellen wir Sinnzusammenhänge und Beziehungen zwischen Symptomen, Verhaltens-, Erlebensweisen und der Lebensgeschichte des Klienten oder der Klientin her und können Phänomene im Zusammenhang der Persönlichkeitsstruktur erkennen, die finale Ursache von Abwehr im Sinne einer „wozu Interpretation“ darstellen, die kausale Ursache eines Verhaltens im Zusammenhang mit einer ursprünglichen Szene verstehen und durch Empathie, Identifizierung, Komplementärrollen und Gegenübetragungen die Phänomene atmosphärisch und szenisch erfassen.

Prozessuale Verhaltenstdiagnostik ist ein Werkzeug zur Planung und Durchführung des therapeutischen Veränderungsprozesses. Die Konzentration liegt dabei ausdrücklich auf dem (problematischen) Verhalten des Klienten oder der Klientin, wobei "Verhalten" alle möglichen Arten von Lebensäußerungen - offen beobachtbare Verhaltenweisen ebenso wie Affekte, Empfindungen, Kognitionen und Vorstellungen - umfaßt.

Diagnostik und Therapie sind fortlaufend im Sinne einer Rückkopplung miteinander verzahnt.

Mit den Begriffen "Problem" und "problematisches Verhalten" wird diejenige Lebensäußerung des Klienten oder der Klientin bezeichnet, bezüglich derer eine Veränderung angestrebt wird. Er wird hier in Abgrenzung zu den sonst gängigen Begriffen wie Störung oder Krankheit gebraucht, um die mögliche Bandbreite der in den therapeutischen Veränderungsprozeß einfließenden Lebensäußerungen zu verdeutlichen. Ganz allgemein gesprochen liegt ein Problem dann vor, wenn eine Person einen unerwünschten Zustand überwinden und ein erwünschtes Ziel erreichen will und der zu diesem Zeitpunkt vorhandene Stand der Kenntnisse und der Fertigkeiten dazu nicht ausreicht.

Der eigentliche therapeutische Prozeß wird somit folgerichtig als Problemlöseprozeß und als schrittweise Strategie vom Ausgangszustand (= Problem) zur Erprobung und erfolgreichen Durchführung von Lösungsalternativen (= Ziel) verstanden.

6.2.1.2.1 Sammlung von Informationen

Nach der Aufnahme in die ÜWG wird die in der Vorstellungsgruppe begonnene Bestandsaufnahme diagnostisch relevanter Daten fortgesetzt und vertieft. Dies beinhaltet eine möglichst konkrete Erhebung der sozialen, materiellen, physischen, psychischen und biographischen Situation des Klienten oder der Klientin. Im alltäglichen Zusammenleben, in den Einzel- und Gruppengesprächen, in den Arbeitsprojekten sowie in der Freizeit werden Fähigkeiten und Defizite des Klienten oder der Klientin besonders deutlich. Der Wert, der in diesen Zusammenhängen entstehenden Erkenntnisse wird erhöht durch die Alltagsorientiertheit und Realitätsnähe der ÜWG.

Problematische Verhaltensmuster ("süchtiges" Verhalten) werden nicht durch Verbote (Kontakt- und Ablenkungsverbot) oder durch Überstrukturierung des Tagesablaufs (Käseglockenprinzip) in den Hintergrund verbannt, sondern können aufgedeckt und transparent gemacht werden. An dieser Stelle soll nicht über Abhängigkeiten geredet werden, die unter Umständen von der Einrichtung selbst erzeugt wurden.

Innerhalb kürzester Zeit werden die einzelnen aktuellen Problemfelder deutlich und können einer weiteren Analyse zugänglich gemacht werden. In diagnostischer wie auch in motivationaler Hinsicht ist es in diesem Zusammenhang äußerst bedeutsam, unproblematische Verhaltensweisen und Fähigkeiten (Ressourcen) nicht aus der Betrachtung auszuklammern.

6.2.1.2.2 Problemanalyse

Mit Blick auf die aktuelle Problemlage stehen nun Mitarbeiter oder Mitarbeiterin und Klient oder Klientin vor der Entscheidung, welche der genannten Probleme für eine genauere Problemanalyse ausgewählt werden sollen. Kriterien sind hier die Übergeordnetheit, die Motivierung oder die Realisierbarkeit.

Bei der nun folgenden Problemanalyse wird häufig zwischen einer horizontalen und einer vertikalen Verhaltensanalyse unterschieden.

Die horizontale Verhaltensanalyse konzentriert sich auf das konkrete Verhalten in einer konkreten Situation. In welchen Situationen taucht das problematische Verhalten auf? Wie war die Erwartung der betreffenden Person zuvor? Welche motorischen, physiologischen, emotionalen und kognitiven Verhaltenwsweisen treten parallel dazu in Erscheinung? Was geschieht danach?

Im Rahmen der vertikalen Verhaltensanalyse wird untersucht, in wieweit das Verhalten der betreffenden Person durch "Vorschriften“, die dem Verhalten übergeordnet sind, begründet sind.

Im  "Innern" der Person liegende Verhaltensvorschriften, sogenannte Regeln, Pläne oder, transaktionsanalytisch terminiert, "Skripts" können dabei ebenso eine Rolle spielen wie die in einem sozialen System implizit oder explizit vorhandenen Verhaltensvorschriften und Systemregeln. Mittels einer Lebensweltanalyse können letztere gut zugänglich gemacht werden. Dabei wird die subjektive, soziale und objektive Welt und die Faktoren untersucht, die unmittelbar und mittelbar auf den Klienten oder die Klientin einwirken. Auf verschiedenen Ebenen werden die einzelnen (Sub-)Systeme, in denen der Klient oder die Klienten sich aufhält, untersucht. Die Mikroebene umfaßt den unmittelbaren persönlichen Bereich, wie die familiäre Situation, die Arbeitssituation, das soziale Setting und das Werte- und Normensystem. Die Mesoebene beschreibt die Schichtzugehörigkeit, das Milieu, die soziale Lage und die beruflichen Perspektiven. Die Makroebene umfaßt die allgemeine soziale, politische, ökologische  und wirtschaftliche Situation. Darüber hinaus sind Zeitgeistphänomene und Lebensstile relevant.

Horizontale und vertikale Verhaltensanalyse sollten in der Form einer Ressourcenanalyse auf unproblematische oder adäquate Verhaltensmuster angewandt werden. Einerseits wird dadurch ein zu einseitiger Blick auf defizitäres Verhalten verhindert, andererseits können durch Vergleich einzelner Bestandteile der Analyse mit dem problematischen Verhalten Hinweise für Ursachenzusammenhänge oder Therapieansatzpunkte erlangt werden.

Weitere diagnostisch-therapeutisch relevante Daten ergeben sich bei der genetischen Analyse des problematischen Verhaltens. Die Entscheidung, ob es sich bei der "Ursache" des problematischen Verhaltens um ein Defizit, eine Störung, einen Konflikt oder ein Trauma handelt, kann nachträglich meist nicht mehr getroffen werden. Hinweise aus der Entstehungs- und Weiterentwicklungsgeschichte (z.B. erstes Auftreten, Erfahrungen mit früheren Lösungsversuchen, funktionale Zusammenhänge etc.)  können jedoch bei der Entscheidung über die Auswahl von Ansatzpunkten und Veränderungsstrategien herangezogen werden.

Weitere wichtige Informationen ergeben sich aus der Analyse der therapeutischen Beziehung. Zeigen sich in der Interaktion Verhaltensmuster, die in einen Zusammenhang zum problematischen Verhalten stehen? Werden Übertragungsphänomene wahrnehmbar? Zeigt sich Widerstand?

Den Abschluß der Problemanalyse bildet der gemeinsame Versuch von Mitarbeiter oder Mitarbeiterin und Klient oder Klientin, einen Zusammenhang zwischen den einzelnen untersuchten Problemfeldern herzustellen. Verschiedene Konstellationen sind dabei denkbar: So können einzelne Probleme in einem genetischen Zusammenhang stehen, verschiedene Probleme können einen gemeinsamen Ursprung haben, mehrere Probleme können einem anderen hierarchisch untergeordnet sein. Möglicherweise existieren auch gemeinsame Systemregeln.

Die Beantwortung dieser Fragen erleichtert die Auswahl von Veränderungsstrategien und Ansatzpunkten für den therapeutischen Veränderungsprozeß. So legt das hierarchische Verhältnis zweier Problemfelder den Ansatzpunkt im übergeordneten nahe, da sich bei dessen Bewältigung das untergeordnete in dessen Folge "automatisch" lösen müßte.

6.2.2 Orientierung

Motivation meint schlichtweg die Gründe menschlichen Handelns, sie bestimmt die Intensität und Zielsetzung des Verhaltens. Der Motivation liegen zahlreiche Einzelmotive zugrunde. Diese sind auf ein bestimmtes Ziel oder auf eine bestimmte Aufgabe gerichtet und drücken die Beziehung zwischen Individuum und Umwelt aus.

Die Entscheidung für ein cleanes Leben wird in der Regel nicht nur durch ein Motiv in Gang gesetzt und gehalten, sondern durch ein mehr oder weniger vielschichtiges Motivgefüge. Motivation kann als die Antriebsdynamik des Strebens und Wollens bezeichnet werden. Mit der Existenz von Motiven ist zugleich auch deren Qualität, Richtung und Ziel festgelegt; denn Motive sind ihrem Wesen nach zweck-, sach- und ziel-orientiert und bestimmen damit auch den konkreten Weg ihrer Erfüllung. Der erste Schritt aus der Abhängigkeit ist der Entschluß, daß es so wie bisher nicht weitergehen soll. Der zweite Schritt besteht darin, das eigene Leiden zu verstehen und zu akzeptieren. Therapiemotivation und der Wunsch nach heilsamen Erfahrungen und nach einem befriedigenden Leben kann entstehen.

Den Begriff der Therapiemotivation kann man nicht losgelöst von der persönlichen Biographie der Klienten und Klientinnen betrachten. Sie wird sicherlich immer durch bestehende oder zurückliegende soziale Kontakte, aber auch von den Vorstellungen und den Erwartungen an die Therapie geprägt. Therapiemotivation hat immer einen prozeßhaften, niemals aber einen statischen Charakter. Die Motivation der Klienten und Klientinnen ist immer ambivalent, einerseits würde er oder sie gerne weiter Drogen konsumieren, andererseits will er oder sie damit aufhören. Diese widerstreitenden Gefühle müssen bewußt werden.

In der Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit, der Gruppe, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und der Realität können Rahmenbedingungen für den Wachstumsprozeß von Therapiemotivation geschaffen werden. Dabei sind folgende Einsichten relevant:

    nIch habe ein Problem!

    nIch kann es nicht alleine lösen!

    nEs gibt Alternativen!

    nIch kann und will sie realisieren!.

Am Anfang des Aufenthalts steht meist Orientierungslosigkeit und der Wunsch, man möge ihm oder ihr seinen oder ihren Leidensdruck abnehmen und die negativen Konsequenzen der Suchtkarriere mindern. Häufig wird aber auch versucht, die Verantwortung für die eigenen Schritte auf den Therapeuten oder die Therapeutin zu übertragen. Nicht immer heißt das Ziel dauerhafte Abstinenz oder ein Leben ohne Drogen. Oftmals steht am Anfang des Aufenthalts in der ÜWG auch der Wunsch, nach einiger Zeit kontrolliert psychotrope Substanzen gebrauchen zu können. Dem entgegen stehen häufig spezifische weitergehende Erwartungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Diese Diskrepanz kann, wenn es nicht zu einem behutsamen Angleichen der Ausgangsmotivationen kommt, durchaus motivationsmindernd wirken.

Man sollte nicht versuchen, die Therapiemotivation auf ein bestimmtes Verhalten hin festzulegen. Die Bereitschaft zur Ein- und Unterordnung in ein bestimmtes Therapiekonzept kann, muß aber nicht auf eine hohe Motivation hinweisen.

Zentrale Aufgabe der ÜWG ist es, Klienten und Klientinnen für eine adäquate Therapie- oder Betreuungsform zu motivieren. Probleme der Motivationsbildung sind Probleme der gesamten Behandlung und können in jedem Stadium auftreten. Motivation kann nur entwickelt oder verstärkt werden, wenn jeder und jede Einzelne die Möglichkeit zur freien Entscheidung über seinen oder ihren weiteren Lebensweg hat. Um diese Entscheidung treffen zu können, ist die Standortbestimmung und Retrospektion auf vorangegangene Lebensabschnitte mit ihren Erfahrungen nötig.

Die ÜWG begreift Übergang im weitesten Sinne als einen Prozeß der Orientierung zwischen verschiedenen Lebensphasen. Im Spannungsfeld zwischen Altem und Neuem bietet sie die Zeit zum Nachdenken und zur Selbstfindung, zum Abschließen alter Angelegenheiten und zum Finden neuer Perspektiven.

Die Phase der Orientierung beginnt mit der Bestandsaufnahme und wird durch die Entscheidung über

    nweitergehende Formen psychosozialer Betreuung oder Therapie

    nangemessene Maßnahmen zur schulischen oder beruflichen Rehabilitation

    neine geeignete Wohnform

    nadäquate Wege in der Schuldenregulierung

    nden Aufbau, die Veränderung oder den Abbruch von partnerschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen

    nMöglichkeiten der aktiven Freizeitgestaltung

begrenzt. Die Therapiemotivation kann verlorengehen, wenn das gewünschte oder gewählte Ziel - aus welchen Gründen auch immer - nicht erreicht werden kann und damit alte Erfahrungen von Frustration und Enttäuschung wiederholt werden.

Der Orientierungsprozeß der Klienten und Klientinnen und die Indikationsstellung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ergänzen, bedingen und beeinflussen sich und münden letztlich in konkreten Perspektiven.

Die Entscheidung des Klienten oder der Klientin, nach dem Aufenthalt in der ÜWG keine weiterführende Therapie zu beginnen und sein oder ihr Leben eigenständig zu gestalten, wird ausdrücklich akzeptiert.

6.2.3 Bedürfnis- und Zielanalyse

In der Bedürfnis- und Zielanalyse sind die Wünsche, Ziele und Hoffnungen des Klienten oder der Klientin relevant. Wie klar sind sie, wie bewußt sind sie, wie gutartig oder bösartig sind sie, woraus schöpft er oder sie Energie, welche Werthaltungen und welche Beweggründe für die Therapie hat er oder sie und wie ist die Identität des Klienten oder der Klientin beschaffen.

Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin und der Klient oder die Klientin erarbeiten gemeinsam die jeweiligen Einzelziele für die in der Problemanalyse behandelten Problembereiche. Dabei sind die Charakteristika der therapeutischen Beziehung von wesentlicher Bedeutung und sollten daher vor allem zu Beginn des  therapeutischen Veränderungsprozesses immer wieder in ihrem Einfluß auf die Zielbildung abgeklärt werden. Auch mögen sich die Sichtweisen bezüglich der sinnvoll zu wählenden Ziele unterscheiden und damit eine Klärung erschweren.

Zu Beginn des diagnostisch-therapeutischen Veränderungsprozesses ist die Zielbildung oft schwierig, die entwickelten Perspektiven sind vage, unklar und teilweise noch unbewußt. Wichtig sind hierbei formale sowie personenbezogene Faktoren und deren Einfluß auf den Veränderungsprozeß. Wird eine Veränderung der aktuellen Problemlage freiwillig angestrebt oder auf gerichtlichen, elterlichen, partnerlichen Druck hin? Welche Erfahrungen hat der Klient oder die Klientin mit betreuenden Personen gemacht?

Weiterhin haben die Erwartung bezüglich des möglichen Veränderungsprozesses sowie die Motivation des Klienten oder der Klientin große Bedeutung für die Klärung von Zielen und Bedürfnissen.

6.2.4 Zielbildung

Das Zusammenspiel der prozessualen Verhaltensdiagnostik mit der multiaxialen Symptom-Diagnostik erlaubt eine differenzierte Zielbildung im allgemeinen und die Bildung von Therapiezielen.

Ausgangsmotivation für Therapie ist immer die Schwierigkeit im Umgang mit sich, anderen und der Umwelt. Daher steht die Verbesserung der Interaktionsfähigkeit im Mittelpunkt jedes therapeutischen Handelns. Ausgangspunkt für die Zielbildung sind immer die Fragen nach dem was den Klienten oder die Klientin in die ÜWG führt, was er oder sie sich von dem Aufenthalt erhofft und was dabei auf gar keinen Fall passieren soll. Jeder Klient und jede Klientin entwickelt eigene Zielhierarchien. Durch das bloße Verstehen wird dabei eine Situation oder ein Symptom bereits verändert.

Zielbildung ist Identitätsbildung und -stärkung. Zukunftshoffnung und Handlungsalternativen werden über stimmige persönliche Utopien entwickelt. Dabei dient folgende Zielbildungssystematik als Leitfaden und Orientierungshilfe:

    nGlobalziele sind übergeordnete allgemeingültige Ziele wie die Förderung der Leibfunktionen und der Kontakt-, Begegnungs- und Beziehungsfähigkeit, die Integration abgespaltener Anteile der Persönlichkeit sowie die Fähigkeit, sich selbst im Lebensganzen zu verstehen und sein oder ihr Leben gemäß der eigenen Persönlichkeit zu gestalten.

    nPersönlichkeitsorientierte Ziele konkretisieren sich in der Bedürfnisbildung und -wahrnehmung, in dem Verstehen einer Situation, in der Entwicklung von angemessenen Handlungsplänen, im Abbau innerer Blockierungen, in der Herstellung von Ausdrucks- und Handlungsvollzug sowie in der Wahrnehmung von Beruhigung und Befriedigung im bestehenden Wertesystem.

    nLebenswelt orientierte Ziele ermöglichen das Erschließen und Wahrnehmen von Umweltressourcen.

    nMethodenbestimmte Ziele ergeben sich aus den verwendeten Methoden sowie aus den Bedingungen des Settings.

Eine sorgfältige Diagnostik stellt immer ein breites Spektrum möglicher Ziele und therapeutischer Methoden bereit. Der Verzicht auf bestimmte Ziele kann, wenn er unter Einsicht erlebt wird, ein wichtiger Bestandteil der Zielbildung sein. Enttäuschungen und quälender Entwicklungsdruck können dabei unter Zuhilfenahme von Bewältigungsstrategien vermieden werden.

6.2.5 Aufbau von alternativen Verhaltensmustern

Beim Aufbau alternativer, sprich unproblematischer Verhaltensweisen stellt sich zunächst für den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin sowie für den Klient oder die Klientin die Frage, welcher Ansatzpunkt für eine Veränderung zugänglich ist und welche Aussicht auf Erfolg dieser verspricht.

Hier kann nun auf die in der Problemanalyse erlangten Erkenntnisse zurückgegriffen werden. Bedingungen, die als aufrechterhaltend für die problematischen Verhaltenweisen ausgemacht werden konnten, können durch angemessenere ersetzt werden.

Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin und der Klient oder die Klientin suchen in diesem Zusammenhang gemeinsam Strategien, mittels derer die gewünschten Veränderungen und Ziele herbeigeführt und erreicht werden können, womit der eigentliche Beginn der individuell zugeschnittenen Therapieplanung erreicht ist. Dabei werden die erstellten Veränderungsstrategien in konkrete Veränderungsschritte umgesetzt.

6.2.6 Therapieplanung

Als praktisch-therapeutisches Handwerkszeug dient in der Therapieplanung die Frage nach dem, was gesund und funktionsfähig ist und erhalten werden sollte, was gestört und in seiner Funktion beeinträchtigt ist und restituiert werden muß (Verzichtleistung, Substitution, Copingstrategien), was defizitär, weil nicht vorhanden ist oder nie vorhanden war und bereitgestellt werden muß (substitutive Strategie) sowie was möglich wäre, was noch nicht genutzt ist und erschlossen oder entwickelt werden könnte (evolutive Strategie).

6.2.7 Realisierung und Bewertung

Der letzte Schritt des Problemlöseprozesses besteht in der Realisierung und Bewertung der vereinbarten Veränderungsschritte. So kann der Veränderungsschritt auf seine Wirksamkeit hin überprüft und die Veränderung erfaßt werden. Zu diesem Zweck werden Zwischenbilanzen gezogen, um die Dauerhaftigkeit der Veränderung zu überprüfen.

Sollten Stagnationen eintreten, muß in eine frühere Phase des Problemlöseprozesses zurückgekehrt und von dort eine Revision - z.B.  der Problemdefinition oder der Zielplanung - vorgenommen werden.

Die Aufenthaltszeit in der ÜWG richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen und dem aktuellen Therapieverlauf eines und einer jeden Einzelnen und ist deshalb zeitlich nicht befristet. Jeder Klient und jede Klientin hat für seine bzw. ihre Stabilisierungs-, Orientierungs-, Entscheidungsfindungs- und Realisierungsphase ausreichend Zeit.

Am Ende dieses Projekts steht der Einzug in eine eigene Wohnung, in eine Außenwohngruppe, in eine Nachsorgewohngemeinschaft oder in eine weiterführende stationäre Therapie. Je nach Erfordernis können weitere therapeutische Maßnahmen aus der ÜWG heraus eingeleitet, begonnen und weitergeführt werden, so daß sich eine nahtlose Betreuung ergeben kann.

6.2.8 Therapieverlauf

Zeitabschnitte von wenigen Minuten, zusammengehörende Sequenzen von einigen Tagen oder Wochen und der Gesamtverlauf des Aufenthalts in der ÜWG zeigen die spezifischen Charakteristikas synergetischer Selbstorganisation:

    nDie Initialphase ist als Phase einer alten dysfunktionalen Ordnung durch die Exploration und das „Anwärmen“ gekennzeichnet. Hier wird die Ausgangssituation, die Problemkonstellation und werden wichtige Phänomene deutlich.

    nDie Aktionsphase schließt viel Chaos, Beunruhigungen, Krisen sowie das Wiedererleben und Durcharbeiten alter Dramen und Verletzungen ein. Dabei werden Beziehungen und Gefühle lebendig.

    nDie Integrationsphase ist die Phase einer neuen Ordnung und ermöglicht das Verstehen und Integrieren bisher abgespaltener Gefühle und Verhaltensweisen. Beziehungen konstellieren sich neu, bisher verborgene Aspekte werden gesehen, das Erlebte wird verstanden und in Beziehung zu ähnlichen Erfahrungen gesetzt.

    nDie Konsolidierungs- und Neuorientierungsphase ermöglicht die Festigung von Veränderungen, die Neuorientierung, den Aufbau neuer intensiver Beziehungen und die Ablösung aus der Therapie.

In der Therapie läßt sich die direkte Beziehungsarbeit zwischen Mitarbeiter, Mitarbeiterin, Klient oder Klientin von der inneren Beziehungsarbeit zwischen Klient oder Klientin und nicht direkt anwesenden Personen aus dem Leben und der Geschichte unterscheiden. Beide Prozesse bedingen einander und greifen ineinander ein. Störungen im Hier und Jetzt der direkten Beziehung werden vorrangig bearbeitet, da sie tiefere Einsichten in die inneren Beziehungsprozesse ermöglichen und die Bearbeitung inneren Materials unter Einwirkung dieser Störungen nicht möglich wäre.

Durch das Erleben von spezifischen Phänomenen des Klienten oder der Klientin können die Strukturen der Persönlichkeit erkannt werden. In diesen typischen Szenen waren früher mehrere Personen involviert, heute übernimmt der Klient oder die Klientin alle Rollen selbst und erlebt die Rekonstruktion vergangener Szenen in sich oder in ihr selbst.

Im Therapieprozeß werden diese inneren Szenen bewußt konkretisiert, verleiblicht, dargestellt und somit als frühere Interaktionen verstehbar. Aus der intrapersonellen wird wieder eine interpersonelle Dynamik.

Die therapeutische Arbeit verläuft auf vier unterschiedlichen Ebenen der Tiefung. Tiefung beschreibt die Gefühlsintensität und hängt mit dem Maß an rationaler Kontrolle zusammen. Dieses behandlungstechnische Konzept ist von den Überlegungen zur Regression und damit von der Gefühlsintensivierung und dem Wiedererleben alter Szenen abgeleitet. Tiefung meint immer eine zeitwilige und gewollte Regression in der Therapie und setzt die Lockerung der Situations-Kontrolle voraus.

In der Ebene der Reflexion beschreibt der Klient oder die Klientin relativ sachliche aus einiger Distanz zum Geschehen seine oder ihre Situation. Die Ebene der Affekte und lebhaften szenischen Vorstellungen ist durch eine stärkere emotionale Beteiligung des Klienten oder der Klientin gekennzeichnet. Die Ebene der emotionalen Involvierung setzt die Lockerung des Realitätsbezuges sowie ein weitgehendes Einlassen auf szenische Vorstellungen voraus. Dabei ist bzw. fühlt sich der Klient oder die Klientin in der damaligen Szene oder Rolle, der zeitliche und emotionale Abstand ist aufgehoben. Die Ebene der autonomen Körperreaktionen ermöglicht intensivste Gefühle, wobei die Reflexions- und Kontrollfähigkeit der Körperfunktionen sehr eingeschränkt ist.

Die Entscheidung, welche Ebene der Tiefung gewählt wird, ist vom gesamten situativen und zeitlichen Rahmen, von der Phase des Prozesses, der Tragfähigkeit der Beziehung, der Angst des Klienten oder der Klientin sowie von der Art und dem Ausmaß der Schädigung abhängig.

6.2.9 Kriterien zur Unterscheidung psychosozialer Hilfen

Betreuungsangebote lassen sich nach dem zugrundeliegenden Menschenbild, der Organisationsform (ambulant, teilstationär, stationär), der Dauer, der Auswahl der therapeutischen Maßnahmen und der Art der Nachbetreuung unterscheiden. Zudem sind geschlechtsspezifische Maßnahmen, die Intensität und Individualität der Angebote, die Eigenbeteiligung und die Mitsprachemöglichkeit der Klienten und Klientinnen, der Umgang mit Rückfällen, die Beschäftigung mit Abbrüchen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen bei der Wahl der erfolgversprechensten Therapieform von Bedeutung.

6.2.10 Indikationsstellung

Die selektive Indikationsstellung als Entscheidung zwischen unterschiedlichen Therapiealternativen erscheint vor Beginn einer Therapie problematisch. Sie darf kein einmaliger Vorgang außerhalb der therapeutischen Maßnahme sondern muß ein systematisierter Entscheidungsprozeß unter Berücksichtigung allen vorhandenen Wissens über die Klienten und Klientinnen und über die möglichen Angebote der Drogenhilfe sein. Trotz allem müssen Entscheidungen unter suboptimaler Kenntnislage getroffen werden. Neben dem eigentlichen Therapieziel erscheint die Schadensminimierung für den Klienten oder die Klientin, seine oder ihre Umwelt und die Gesellschaft hierbei besonders relevant.

Ein elaboriertes, empirisch überprüfbares Indikationsmodell steht in der Behandlung und Betreuung von Drogenabhängigen nicht zur Verfügung. Insofern verstehen wir Indikationsstellung und Aufenthaltsplanung für jeden einzelnen Klienten und jede einzelne Klientin als adaptiven Annäherungsprozeß. In der ÜWG ist es möglich, die Indikation durch das sukzessive Hinzufügen von therapeutischen Maßnahmen adaptiv zu stellen. Dies bietet den Vorteil, daß solche Entscheidungen bei jedem Klienten und bei jeder Klientin wiederholt getroffen werden können und müssen. Der Prozeßcharakter dieser Entscheidungsabläufe wird hier besonders deutlich.

Um zusammen mit den Klienten und Klientinnen eine angemessene Weiterbehandlung zu planen, ist es wichtig, Bezüge zwischen Psychopathologie, Persönlichkeitsstruktur und Psychogenese auf der einen und eines möglichen Therapie- oder Beratungssettings auf der anderen Seite herzustellen.

Bei der Indikationsstellung sind zwei Aspekte gleichermaßen von Bedeutung: Auf der einen Seite steht der oder die Drogenabhängige mit seinem oder ihrem spezifischen Behandlungs- und Betreuungsbedarf, auf der anderen die Einrichtung und die Besonderheiten ihres Angebots. Aus und in der Interaktion zwischen dem oder der Drogenabhängigen und der Einrichtung entwickelt sich die Indikation. Dabei trägt die Einrichtung dem individuellen Rehabilitationsbedarf und den Bedürfnissen des Klienten oder der Klientin Rechnung.

Die Indikation zu einer weitergehenden Behandlung oder Betreuung kann im Verlauf des Aufenthalts in der ÜWG gestellt und ggf. mehrfach modifiziert werden. Dies ermöglicht eine individualisierte und revidierbare Indikationsstellung, die den Wünschen und Möglichkeiten der Klienten und Klientinnen optimal Rechnung trägt.

Die Entwöhnungsbehandlung Abhängigkeitserkrankter ist Teil einer integrierten Gesamtbehandlung und hat sich ausschließlich an den individuellen Erfordernissen der Betroffenen zu orientieren. Im Laufe der Indikationsstellung müssen die therapeutischen Vorstellungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie der Leistungsträger mit den Vorstellungen und Ressourcen des Klienten oder der Klientin in Einklang gebracht werden. Dies bedarf einer besonders behutsamen Form der Interaktion, da ansonsten wertvolle Potenzen auf allen Seiten verloren gehen könnten.

Im Regelfall sollte sich an den Aufenthalt in der ÜWG eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme in Form von ambulanter Therapie, Nachsorge oder Psychotherapie anschließen. Die Besonderheit eines spezifischen Krankheitszustandes kann jedoch auch die Indikation zu einer weiteren teilstationären oder stationären Maßnahme rechtfertigen, wenn eine ambulante aller Voraussicht nach nicht ausreichen wird, ein cleanes Leben zu festigen.

Ambulante Leistungen zur Rehabilitation setzen vorangegangene Maßnahmen zur individuellen Beratung und Motivation voraus. Diese Vorbetreuung wird in der ÜWG erbracht. Sie dient der Diagnostik und der Abklärung, ob eine und welche weitergehende Rehabilitationsmaßnahme angezeigt ist.

Viele Drogenabhängige können in einem ambulanten Setting gut rehabilitiert werden. Darüberhinaus spricht die günstige Kosten-Nutzen-Relation für eine solche Maßnahme.

Unter therapeutischen Gesichtspunkten spricht vor allem

    nder Realitätsbezug und die ständige Erprobung und Überprüfung von neuen Verhaltensweisen im Allltag

    ndie Förderung von Eigeninitiative und die Verhinderung eines passiven Versorgungsdenkens

    ndie Erfordernis zu selbstverantwortlichem Handeln, der Schutz vor erneuter Rückfälligkeit unter den Anforderungen eines gewohnten Lebensumfeldes

    ndie Prävention und therapeutische Nutzbarkeit von möglichen und realen Rückfallsituationen unter den Bedingungen der Alltagsrealität mit der Möglichkeit der Entwicklung von konkreten Rückfallbewältigungsstrategien

    ndie Förderung von Autonomie und die Vermeidung von einrichtungsbezogenen Abhängigkeiten

    nund die Kontinuität der Hilfe ohne den Wechsel von Einrichtungen oder Therapeuten und Therapeutinnen

für ambulante Formen der Rehabilitation, Nachsorge oder Psychotherapie.

Die Nähe zum Wohnort ermöglicht das Einbeziehen des solzialen Umfelds in die therapeutischen Bemühungen und die Berufstätigkeit während der Maßnahme.

Selbsthilfepotentiale des Klienten oder der Klienten können ebenso wie die des jeweiligen sozialen Umfelds beeinflußt, stimuliert und genutzt werden. Gleichzeitig kann die Integration in Selbsthilfegruppen gefördert und der Übergang zu einem neuen Lebensstiel stützend begleitet, dabei auftretende Probleme können in ihrem aktuellen Bezug psycho- und sozialtherapeutisch bearbeitet werden.

Angehörige, Partner und Partnerinnen können in den Rehabilitationsprozeß eingebunden und Beziehungsprobleme aufgearbeitet werden.

Ein weiterer Aufenthalt in einer teilstationären oder stationären Rehabilitationseinrichtung ist bei Klienten und Klientinnen indiziert, die weiterhin viel räumlichen Abstand zu einem pathogenen Milieu brauchen, die keine oder kaum soziale Unterstützung von ihrer Umwelt erhalten, die ihren Tagesablauf nicht selbst gestalten können oder die selbständig keine Beziehungen aufbauen und erhalten können.

6.3 Realisierung der entwickelten Perspektiven

Vor allem in der letzten Phase des Aufenthalts in der ÜWG werden die vorab entwickelten Persepktiven realisiert. Der individuelle Weg  jedes Klienten und jeder Klientin rückt verstärkt in den Mittelpunkt, um aus Abhängikeiten und Isolation  eine  befriedigende Integration in bestehende Systeme zu erreichen. Unterstüzt durch ein geringes Maß an therapeutischer Begleitung  können  bisher entwickelte Perspektiven im Kontakt mit der Innen- und  Außenwelt  eigenverantwortlich umgesetzt, revidiert und neu entwickelt werden. Der Klient oder die Klientin kann die bisher gewonnene Ich-Kompetenz in der Binnengemeinschaft der Hausgruppe und im Kontext von Realsituationen in Schul-, Berufsleben und beim Aufbau sozialer Bezüge verwirklichen. Einer Bewertung der realisierten Veränderungsschritte auf ihre Effektivität kommt hier besondere Bedeutung zu. Defizitäre Bereiche des Verhaltens treten durch den verstärkten Realitätsbezug deutlicher hervor. Angemessene Veränderungen  in Verhaltensweisen, um auf veränderte Lebensbedingungen zu reagieren, sind überlebenswichtige Leistungen.  Eine immerwährende Wechselwirkung zwischen dem Klienten oder der Klientin und dem sie umgebenden System verlangt von ihm oder ihr  Neuorientierung zur Weiterverfolgung der Bedürfnisbefriedigung  und Erreichung von Zielperspektiven.

Phasen der Stagnation können eintreten. Um entwickelte Zielperspektiven zu erreichen, muß eine Revision der  Problemdefinitionen vollzogen oder/und neue Zielperspektiven ausgebildet werden. Auch in dieser Phase kann unter Umständen Verzichtsleistung unter Einsicht notwendig sein. Nützlich ist dabei die Basis  erreichter Realisierungen in Form  von Festigung bisheriger Veränderungen.

Erst wenn ein Großteil der Perspektiven adäquat in die Realität umgesetzt werden konnte, beginnt der Ablöseprozeß aus und von der ÜWG.

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